2Ob83/21a OGH
Gemäß §776 Abs 1 ABGB kann der Pflichtteil eines Pflichtteilsberechtigten auf die Hälfte gemindert werden, wenn der Verstorbene und der Pflichtteilsberechtigte zu keiner Zeit beziehungsweise über einem längeren Zeitraum nicht in einem Naheverhältnis standen, wie es zwischen solchen Familienangehörigen gewöhnlich besteht.
In der vorliegenden Entscheidung des OGH ging es unter anderem darum, welche Zeitspanne unter einem „längeren Zeitraum“ gemäß §776 Abs 1 ABGB verstanden wird. Laut OGH ist eine rechtfertigende Entfremdung des Familienlebens erst gegeben, wenn seit mindestens 20 Jahren kein Kontakt zwischen Pflichtteilsberechtigten und Verstorbenen bestanden hat, wie er sonst zwischen solchen Angehörigen üblich sei. Wenn es jedoch innerhalb dieses Zeitraums auch nur ein Mindestmaß an menschlichem Kontakt zwischen beiden gibt, liegt ein ausreichendes Naheverhältnis vor. Der Pflichtteil kann somit nicht gemindert werden. Falls gar kein menschlicher Kontakt zwischen den betroffenen Parteien über 20 Jahre hinweg bestand, kann der Pflichtteil des Pflichtteilsberechtigten um maximal die Hälfte gemindert werden.