OGH 28.11.2019, 2 Ob 145/19s
In OGH 28.11.2019, 2 Ob 145/19s hatte der Oberste Gerichtshof über widerstreitende Erbantrittserklärungen zu befinden.
Der Verstorbene hatte mehrere letztwillige Verfügungen hinterlassen:
Ein eigenhändiges Testament von 2013 und ein später errichtetes, fremdhändiges Testament von 2018. In dem späteren Testament hatte der Erblasser alle früher errichteten letztwilligen Verfügungen widerrufen. Jene Antragstellerin, die aufgrund des früheren (eigenhändigen) Testaments die Erbantrittserklärung abgegeben hatte, bestritt in dem Verfahren die Formgültigkeit desspäteren fremdhändigen Testaments.
Das spätere Testament von 2018 war, auf dem Computer geschrieben, von einem Rechtsanwalt vorbereitet worden. Die Ausfertigung bestand aus zwei losen Blättern: Auf dem ersten Blatt und dessen Rückseite befand sich der Testamentstext sowie die handschriftlich beigefügte nuncupatio (die Bekräftigung des letzten Willens). Auf dem zweiten Blatt befanden sich die Unterschriften des Erblassers sowie der drei Testamentszeugen.
Die zwei losen Blätter der Testamentsausfertigung wurden von dem anwesenden Rechtsanwalt übernommen, im Testamentsregister registriert, und in Verwahrung genommen. Das Erstgericht sprach aus, dass das spätere Testament formgültig sei und dadurch das frühere Testament von 2013 aufgehoben wurde.
Die zweite Instanz hielt hingegen das spätere Testament mit Verweis auf OGH 26.06.2018, 2 Ob 192/17z für formungültig, dies aufgrund des fehlenden inneren Zusammenhangs.
Der OGH erkannte dem Revisionsrekurs derAntragstellers, die sich auf das spätere fremdhändige Testament beriefen, keine Berechtigung zu. Dabei knüpfte er an die Entscheidung 2 Ob 192/17z an, da sich mit dem ErbRÄG 2015 die Frage, wo der letztwillig Verfügende und die Zeugen ihre Unterschriften leisten müssen, die Rechtslage nicht geändert hat. Laut OGH muss für die Formgültigkeit der letzwilligen Verfügung entweder eine äußere Urkundeneinheit hergestellt werden, oder ein innerer Zusammenhang zwischen den losen Blättern bestehen (im Sinne einer inneren Urkundeneinheit).
Äußere Urkundeneinheit besteht, wenn die losen Blätter so fest miteinander verbunden werden, dass die Verbindung nur mit Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann (z.B.: durch Binden oder Nähen der Urkundenteile). Ist dies der Fall, kann die Unterschrift auch auf dem letzten, sonst keinen Text aufweisenden Blatt, geleistet werden.
Besteht äußerlich keine einheitliche Urkunde, so muss innere Urkundeneinheit gegeben sein. Diese besteht, wenn entweder der Text auf der letzten Seite – vor den Unterschriften – noch fortgesetzt wird, oder auf dem letzten Blatt ein Vermerk inhaltlicher Natur gesetzt wird. Wie so ein Vermerk mit einer ausreichend erkennbaren inhaltlichen Bezugnahme auszusehen hat, lässt der OGH offen. Es empfiehlt sich daher vor Unterfertigung des Testaments lose Blätter fest miteinander zu verbinden und diesen Umstand auch im Testament festzuhalten.