OGH 1 Ob 229/16g
Für Schenkungen ohne wirkliche Übergabe herrscht Notariatsaktspflicht.
Diese Aussage liest man in allen einschlägigen Lehrbüchern. Die tatsächliche Übergabe kann allerdings in der Praxis unterschiedliche Formen annehmen. So auch in diesem Fall:
Eine junge (körperlich eingeschränkte) Frau bekam von ihrem – im selben Haushalt lebenden – Vater zum Geburtstag ein Auto geschenkt. Er brachte eine Schleife und ein „Kennzeichen“ mit dem Namen seiner Tochter am Fahrzeug an und überreichte ihr, sobald sie ihren Führerschein erhalten hatte, den Schlüssel und den Zulassungsschein des Autos. Als Zulassungsbesitzer wurde der Vater eingetragen. Anfangs fuhr er bei Übungsfahrten noch bei der jungen Dame (21) mit, um sich von ihren Fahrkenntnissen zu überzeugen. Die Treibstoff- und Versicherungskosten übernahm jedoch seine Tochter. Nachdem die Verhältnisse in der Familie auf die schiefe Bahn gerieten, verlangte der Geschenkgeber das Fahrzeug samt Zulassungspapieren zurück und drohte sogar mit einer Diebstahlsanzeige, da er ihr ja nur die vorläufige Nutzung eingeräumt hatte.
Der Fall wurde in weiterer Folge dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.
In der rechtlichen Beurteilung hieß es, dass auch mündliche Schenkungsverträge klagbar seien, sie jedoch einer tatsächlichen Übergabe bedürften. So eine Übergabe würde dann vorliegen, wenn sie nach außen in Erscheinung tritt und den Willen des Geschenkgebers zum Ausdruck bringt, sich endgültig von der Sache zu trennen. Wenn die beiden Vertragsparteien allerdings – wie hier – im selben Haus wohnen, müsse die Beurteilung im Einzelfall erfolgen. Im vorliegenden Fall sei dem Gültigkeitserfordernis mit der Überlassung und der damit einhergehenden Nutzung (und Kostentragung) des Autos genüge getan. Nach Auffassung des OGH könne aus der Stellung des Zulassungsbesitzers allein nicht zwingend auf die Eigentumsverhältnisse am Fahrzeug geschlossen werden.
Die 21-jährige kann sich demzufolge nun doch über ihr, letztendlich im Streitweg erhaltenes, Geburtstagsgeschenk freuen.