In 5 Ob 172/18g setze sich der Oberste Gerichtshof mit den Erfordernissen der Erteilung einer Vorsorgevollmacht vor dem 2. Erwachsenenschutzgesetz und den Rechtswirkungen derartiger „alter“ Vorsorgevollmachten nach Anwendbarkeit der neuen Rechtslage auseinander.
Mit einer 2016 in Notariatsaktsform erteilten Vorsorgevollmacht sollte ein zugunsten der Vollmachtgeberin im Grundbuch eingetragenes Fruchtgenussrecht gelöscht werden. Der Revisionsrekurswerber und Vorsorgebevollmächtigte war Alleineigentümer der dienenden Liegenschaft und Sohn der Vollmachtgeberin. In der Vorsorgevollmacht war unter anderem die Befugnis zur Doppelvertretung, zum Selbstkontrahieren und zur unentgeltlichen Aufgabe von Rechten vorgesehen. Im April 2018 beantragte der Sohn dann die Löschung des Fruchtgenussrechts seiner Mutter.
Das Erstgericht erkannte hier einen Interessenskonflikt, für den ein Kollisionskurator zu bestellen sei.
Den darauffolgenden Rekurs wies das Landesgericht mit der Begründung ab, dass die nach der anzuwendenden alten Rechtslage geforderten Bestimmtheitserfordernisse für Vorsorgevollmachten nicht erfüllt seien, da hier die Rechte, zu deren unentgeltlicher Aufgabe die Vollmacht berechtigen solle, nicht ausreichend in dieser konkretisiert seien. Ob allenfalls sogar eine Spezialvollmacht erforderlich gewesen wäre, lies das Gericht offen, da nicht einmal eine Gattungsvollmacht vorläge.
Der Oberste Gerichtshof entschied schließlich zugunsten des Sohnes:
Der Umfang der Vorsorgevollmacht sei aufgrund der durch das 2. Erwachsenenschutzgesetz eingeführten Bestimmungen nach der alten Rechtslage zu beurteilen. Nach dieser sei der Verzicht auf ein Fruchtgenussrecht und die Zustimmung zu dessen Löschung aus dem Grundbuch als Vermögensangelegenheit, die nicht dem gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb angehört, zu werten und die Befugnis dazu müsse daher insbesondere ausdrücklich in der Vorsorgevollmacht angeführt sein. Die vorgesehene Vollmacht „Rechte unentgeltlich aufzugeben“ genüge aber sehr wohl diesen gesetzlichen Bestimmtheitserfordernissen für die angestrebten Rechtsgeschäfte, da eine einigermaßen konkretisierte Gattungsvollmacht laut erkennendem Senat ausreichend sei und diesfalls auch vorläge. Die übertragenen Angelegenheiten einzeln zu nennen, sei nicht notwendig.
Zudem sei in der Vollmacht auch ausdrücklich die Ermächtigung, ohne gerichtliche Zustimmung über Liegenschaftsvermögen zu verfügen und Grundbuchsgesuche im Namen der Vollmachtgeberin (auch zu deren Nachteil) einzubringen, enthalten gewesen. Der Umfang der Vorsorgevollmacht sei demnach ausreichend, um auf das Fruchtgenussrecht verzichten und dessen Löschung zustimmen zu können.
Außerdem hegte der OGH keine Zweifel bezüglich der Gültigkeit der erfolgten Stellvertretung, da der Revisionsrekurswerber ausdrücklich auch zur Doppelvertretung und zum Selbstkontrahieren ermächtigt gewesen sei. Das Grundbuchgesuch sei deswegen zu bewilligen gewesen.