
Digitale GmbH-Gründung
Am 8.10.2019 wurde durch nhp notare die erste digitale GmbH-Gründung Österreichs durchgeführt.
Wer seitdem eine GmbH gründen möchte muss nicht mehr persönlich zum Notar kommen, sondern kann mittels Videokonferenz mit dem Notar verbunden sein und die notwendigen Schritte online setzen. Die angehenden Gründer müssen zuerst einen entsprechenden Identifizierungsprozess durchlaufen. Sie erhalten per Email eine Einladung sich per Videoident-Verfahren zu registrieren und ihre Identität über einen amtlichen Lichtbildausweis nachzuweisen.
NHP Notare erhalten die entsprechenden Identifikationsdaten anschließend in einem elektronischen Datenraum, der eigens für die jeweilige GmbH-Gründung angelegt wird. Vom Datenraumanbieter wird auch – falls noch nicht vorhanden – dabei auch gleich eine Handysignatur anlegt, die für den weiteren digitalen Gründungsprozess benötigt wird.
Die anschließenden Gespräche zwischen Gründer und Notar finden via Videokonferenz im eigens angelegten digitalen Datenraum statt. Der Gesellschaftsvertrag wird vom Notar per Videokonferenz verlesen und dann im Datenraum via Handysignatur unterfertigt.
Der Notar leistet die amtliche Signatur mit einer speziellen Signaturkarte, die er in ein eigenes Kartenlesegerät steckt. Das Ergebnis der digitalen Gründung ist eine „genuin elektronische Urkunde“; sie ist also in ihrer ursprünglichen Form digital vorhanden und ausdrucken und einscannen entfallen. Die signierten Dokumente werden digital an das Firmenbuchgericht übermittelt. Während des Gesprächs und während der Identifikation der Gründer darf die Internetverbindung nicht abbrechen.
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Mit dem Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz (ENG) wurde in Österreich erstmals die Möglichkeit geschaffen, einen Notariatsakt zu errichten, bei dem nicht alle beteiligten Personen tatsächlich beim Notar physisch anwesend sind. Den Gründern einer GmbH soll es ab dem Inkrafttreten des ENG möglich sein, ihre Gesellschaft zu gründen, indem sie mit dem Notar über eine sichere Videoverbindung verbunden sind und der Notariatsakt elektronisch bzw digital errichtet wird.
Voraussetzung für die Eintragung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in das Firmenbuch ist der Abschluss eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages/Errichtungserklärung. Dieses Gründungsdokument der GmbH bedarf nach § 4 Abs. 3 GmbH-Gesetz der Form des Notariatsaktes. Sinn und Zweck der Pflicht zur Notariatsaktsform ist der Schutz der Gesellschafter durch die Beratungs- und Belehrungspflicht des Notars. Durch die Form der öffentlichen Urkunde wird aber auch die Allgemeinheit an sich geschützt, da so Rechtssicherheit und Zuverlässigkeit des Geschäftsverkehrs gesichert werden.
Die verlässliche Identifikation der Parteien durch den Notar und die von diesem einzuhaltenden Prüf- und Sorgfaltspflichten sind laut den erläuternden Bemerkungen zum ENG nicht nur ein wesentlicher Punkt für die Gewährleistung der Rechtssicherheit, sondern stellen auch einen ganz wesentlichen Aspekt der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme der Leistungen des Notars zu Zwecken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dar.
Die Notariatsaktspflicht gilt auch für Änderungen des Gesellschaftsvertrages vor Eintragung der Gesellschaft ins Firmenbuch (Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag). Auch hier wird wohl das ENG Anwendung finden.
Nach herrschender Ansicht wird die erforderliche Form nur durch die Errichtung durch einen österreichischen Notar erfüllt. Durch die nunmehr digitale Errichtung ist dies flexibler möglich und die Form des Notariatsaktes für die Gründer einer GmbH leichter zugänglich.
Die erläuternden Bemerkungen zum ENG sprechen auch davon, dass die gleichzeitige persönliche Anwesenheit aller Parteien vor dem Notar in privaten Angelegenheiten zumeist nur wenige Probleme bereitet, aber bei Gesellschaftsgründungen damit vermehrt Schwierigkeiten verbunden sind.
Tatsächlich ist es so, dass bei der Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung häufig Vollmachten zum Einsatz kommen. Diese sind grundsätzlich mit der Schwierigkeit behaftet, dass auch hier eine entsprechende Form eingehalten werden muss (Beglaubigung, eventuell mit Apostille) und außerdem der Vollmachtgeber nicht persönlich die Beratung durch den Notar in Anspruch nehmen kann.
Vollmachten für die Gründung von GmbHs bedürfen gemäß § 4 Abs 3 GmbHG einer besonderen, auf dieses einzelne Geschäft ausgestellten beglaubigten Vollmacht, die dem Vertrag anzuschließen ist. In der Praxis gibt es hier immer wieder Herausforderungen für die Gründungsgesellschafter, die Vollmacht im Ausland beglaubigt unterfertigen zu lassen und rechtzeitig an den beurkundenden Notar zu übermitteln.
Der Entwurf des Elektronischen Notariatsform-Gründungsgesetz schlägt daher vor, dass der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Maßgabe der technischen Voraussetzungen auch in Form eines elektronischen Notariatsakts unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (Audio und Video) errichtet werden kann.
Gleichzeitig wird ein strenger Maßstab an den Notar betreffend die Erfüllung der ihn treffenden Identifizierungs- und sonstigen Sorgfaltspflichten gelegt. Ist die Erfüllung dieser Pflichten nicht möglich hat die Aufnahme des Notariatsakts unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit zu unterbleiben.
Auch an die Unterschriftsbeglaubigugnen, die in Zusammenhang mit der Gründung einer GmbH zu leisten sind (Musterfirmazeichung(en), Beschlüsse der Gesellschafter, Anmeldung zum Firmenbuch, Vollmachten etc.) ist gedacht: Auch diese können digital via sicherer Videoverbindung geleistet werden. Im ENG wird daher für solche (Sonder-)Fälle einer erforderlichen Beglaubigung einer händischen Unterschrift (oder einer elektronischen Signatur) gleichfalls die Möglichkeit vorgesehen, dass die Beurkundung der Echtheit der Unterschrift (oder der elektronischen Signatur) durch den Notar ausnahmsweise auch im Fall einer nicht anwesenden Partei erfolgen kann.